Begleitet Blogger, Journalisten und mich auf eine nicht nur „hopfige“ Reise durch Belgien, wo Bier schon lange das ist, was Schokolade für Willy Wonka war! Unsere Genussreise „the Belgian way“ war ein Abenteuer voller Schaum, Geschmacksexplosionen und einigen sehr interessanten Biermomenten. Haltet euer Glas bereit, denn ich tauche mit euch (nicht nur) in die belgische Bierkultur ein.
Schon länger stehe ich über Instagram mit visitflanders in Kontakt und so bekam ich irgendwann die Einladung, auf eine sehr genussreiche Reise eingeladen zu werden. Wie kann ich dazu schon Nein sagen? Eben!
Und ein paar Wochen später ging’s dann auch schon los…
Die Bier- und Foodszene ist ja eine kleine, gerade auf Social Media und wie es der Zufall so wollte, ist der liebe Fleischbotschafter aus Köln kurz vor uns auch auf einer Pressereise gewesen, wir haben uns fast die Klinke in die Hand gegeben - Grüße gehen raus!
Gefühlt war die ganze Welt mit mir in Flandern unterwegs, denn sie kamen aus Irland, England, Spanien, Schweden, Dänemark, Kanada, USA, Frankreich, Italien und Österreich! Was für eine großartige Truppe war das denn bitte?!
Der Anlass dieser Reise war die Eröffnung der Belgian Beer World in Brüssel und drumherum wurde ein spannender Trip geplant. Ihr wollt die Stationen wissen…?
Euer Wunsch ist mir Befehl und mehr dazu natürlich weiter im Blog:
- Brasserie Cantillon
- Moeder Lambic Fontainas
- Belgian Beer World
- DOK Brewery
- Heilig Hart Brouwerij
- Omer Vander Ghinste
- Restaurant Den Heksestoel
- Sint Bernardus
- Hopfenfest und -museum in Poperinge
Und so begab ich mich voller Vorfreude auf die Reise mit der Bahn nach Brüssel…
Oh Wunder, ich bin ohne Verspätung in Brüssel angekommen und Visitflanders hat sich nicht lumpen lassen und uns Frühanreiser in ein wunderschönes Boutique Hotel, das Le Dixseptième, einquartiert. Es liegt herrlich zentral und ist im positivem Sinne aus der Zeit gefallen, schaut’s euch mal an!
Tja, am nächsten Morgen, dem 15.09., stand gleich das erste Highlight an, der Besuch, eine Führung und eine kleine Verkostung bei Cantillon!
In der Biergenussszene gibt es wenige Brauereien, die fast schon einen mystischen Klang haben, wie eben Cantillon. Und so musste ich auch in Vorbereitung anderen Beergeeks T-Shirts von der Brauerei mitbringen, denn Band Shirts sind ja soo 90er Jahre!
Die Brasserie Cantillon liegt in Anderlecht und ist die einzige noch bestehende Lambicbrauerei im Großraum Brüssel. Gegründet wurde sie im Jahr 1900 von Paul Cantillon und wird jetzt in vierter Generation von Jean Pierre van Roy geführt, ist also immer noch inhabergeführt. Seit 1999 wird übrigens zu 100 % in Bioqualität gebraut!
Lambicbiere sind spontan-, bzw. wildvergorene Biere und zählen zu den Sauerbieren. (Hier geht's zum Blogbeitrag über Lambics) Das besondere daran ist, dass die Würze in offenen Kühlschiffen den in der Luft enthaltenen Hefen ausgesetzt wird und danach in Holzfässern in unterschiedlichen Größen reifen, bis hin zu den charakteristischen Foedern.
Nach Reifezeiten der Lambics von bis zu 3 Jahren, werden die unterschiedlich alten Lambics geblendet und so werden daraus die Geuzen/Gueuzen. Diese Geuzen wiederum werden zum Teil mit Kirschen, Himbeeren und anderen Früchten mazeriert und so entstehen die charakteristischen Fruchtbiere wie Kriek und Framboise (das bei Cantillon Rosé de Gambrinus heißt).
Die sehr fachkundige Führung durchs eigene Cantillon Museum hat mich sehr beeindruckt. Und der Klimawandel hat schon jetzt Einfluss auf die sehr traditionelle Lambic-Produktion, denn die ist noch stärker von der Umwelt abhängig, als „normales“ Brauen: Es kann nur in der kalten Periode von November bis März gebraut werden, da es durchgängig tiefere Temperaturen braucht. So kann nur von Dienstag bis Donnerstag jeweils ein Batch/Sud hergestellt werden, der Rest der Woche wird alles andere erledigt.
Durch die Klimakrise verkürzt sich die Brauperiode bereits um 2 Monate: Früher wurde nicht bis März, sondern bis in den Mai gebraut! Es werden jetzt pro Jahr nicht mehr als 40 bis 50 Batches gebraut und wenn die Temperaturen weiter ansteigen, wird es noch weniger Sude geben und im schlimmsten Falle wird die Lambictradition aussterben.
Aber so versteht es sich, das die Biere zum einen selten und zum anderen recht hochpreisig sind. Diese Reise ließ uns etwas staunend zurück als wir dann im oberen Stockwerk an der Bar mit Gästen aus der ganzen Welt 3 Biere - ein 2 Jahre altes Lambic, eine Geuze und ein Kriek, verkosten durften und ins Gespräch vertieft, etwas die Zeit vergaßen…Aber wie auf einer Klassenreise, haben uns die mitreisenden Lehrer an die Hand genommen und weiter ging’s.
Cantillon ist immer noch reine Handarbeit und ich wünsch mir, dass diese Tradition nicht ausstirbt.
Mittlerweile war es Mittag und somit Lunchzeit!
Unsere Reiseleiter haben uns ins Moeder Lambic gebracht, eine belgische Bierinstitution seit 2006 mit mittlerweile 2 Filialen. Wir waren im Fontainas, das 2009 eröffnet wurde. Beide sind keine klassischen Pubs, oder Kneipen, sondern eher modernere, craftigere Taphouses mit dem Fokus auf Bierkultur.
Oder wie sie selber von sich sagen „Proudly serving awesome beers to awesome people since 2006“. Oh, wie recht sie damit haben. Das sieht man z.B. daran, dass ich kaum Photos gemacht habe, so fasziniert war ich von der Bierauswahl, den Gesprächen, der Charcuterie- und Käseplatten.
Aber am besten war es, den Worten von Jean Hummler, einem der Gründer zu lauschen. Was er alles über seine Philosophie, seine Einstellung zur Biertradition, der Verantwortung gegenüber der Umwelt, den Brauereien, den Produkten erzählt hat, war faszinierend und irgendwie ein Stück traurig zugleich. Das alles würde diesen Blog sprengen, aber keine Sorge, Jean und ich haben einen erneuten Besuch vereinbart, um uns zu unterhalten. Übrigens ist Jean auch einer der Mitgründer des BXL BeerFest.
Belgische Brauereien schicken jedesmal ihre Fasslisten an Jean & Team und werden so frisch wie möglich direkt ab Brauerei geliefert. Oft werden die Biere in Einwegfässern geliefert und das ist ihnen ein Dorn im Auge, da es Unmengen an Plastik produziert und sie der Meinung sind, das jeder noch so kleine Schritt zu mehr Umweltbewusstsein wichtig ist. Jeder kann etwas machen, egal wie klein es doch sein mag.
So werden z.B. für die Fassreinigung heute verschiedene aggressive Chemikalien benutzt, die alles andere als umweltfreundlich sind und so forscht das Team von Moeder Lambic an einer umweltfreundlicheren Reinigung mit Enzymen! Klingt klasse, oder?
Während wir seinen Ausführungen zu einer besseren Bierwelt lauschten, genossen wir fantastische regionale Spezialitäten und hatten natürlich großartige Biere im Glas.
Sagte ich schon, dass ich kaum Photos gemacht habe? Genauso habe ich nicht die Bierauswahl aufgeschrieben, aber unsere Lehrer haben auch dafür gesorgt und hier ist sie:
- Brasserie des Légendes: Harmony. Ein belgisches Blond Ale mit 3 Sorten Aromahopfen
- Brouwerij De Ranke: XX Bitter. Ein belgisches, sehr bitteres Golden Ale mit 65 IBU (Bittereinheiten). Es werden nur ganze Hopfendolden verwendet.
- Brasserie De La Senne: Jambe de Bois. Ein stark gehopftes Tripel der 2. Brüsseler Stadtbrauerei nach Cantillon.
- Brasserie Surrealiste: Dream in Citra. Die wohl jüngste und „craftigste“ Brauerei in Brüssel. Das Bier ist ein sog. Single Hop IPA, es wurde nur Citra Hopfen benutzt.
- Brasserie Cantillon: Kriek. Nur 20% der Gueuzen werden mit Frucht, hier Kirschen mazeriert.
Visitflanders hat wirklich keine Kosten und Mühen gescheut und uns im wirklich, wirklich schönen Pillows Grand Hotel Reylof untergebracht und bevor es weiter zur DOK Brewery ging am Abend, hatten wir noch etwas Zeit zum relaxen, also kurz Augen zu, wir lesen uns gleich wieder!
Augen wieder auf, denn schon standen Busse bereit, um uns ins alte Industriegebiet zu bringen und so stiegen wir irgendwann aus und wussten nicht so recht wohin…bis dann einer in unserer Gruppe den Entdecker mimte, denn die Mikrobrauerei war tatsächlich nur um die Ecke und Wow, was ein Anblick:
Rasenflächen, umrahmt von alten Backsteingebäuden und in einem befindet sie sich: DOK Brewing.
Eine Mikrobrauerei, wie sie im allerbesten Sinne auch in den USA stehen kann! Die Bar mit 30 Zapfhähnen, dahinter die Brauanlage und das alles in dem genialen „craftigen“ Industriecharme. Und dazu draußen die großen Schirme, Zeltüberdachungen mit laaaangen Tischen und Sitzbänken - genial! Stilechtes BBQ und geiles Bier? Bitte sehr, bitte gern!
Aber vorher haben wir eine kurze und knackige Brauereiführung bekommen, der Sommelier war ein feiner Kerl, dem man die Liebe zum Craftbier aus jeder Pore kriechen sah!
Aber dann rief uns der Appetit nach draußen, also alle schnell Platz genommen und das babylonische Sprachgewirr unserer Gruppe ging weiter. Boah, was hat DOK da für Charcuterieplatten aufgefahren! Allein das war schon die Reise wert und so langsam dämmerte es, die Außenbeleuchtung ging an, ein perfekter Moment.
Perfekter Moment… auch um an die Bar zu gehen!
Denn wie kann man als Biergeek an dem Angebot vorbeigehen? Und in dem Moment war mir auch Untappd egal, ich wollte eh nie zu denen gehören, die auf Krampf jedes Bier fotografieren und einchecken müssen. Nein, lieber den Moment genießen und mit der halben Welt großartige Biere teilen!
Wir verteilten uns an der langen Theke und bestellten Samples von so ziemlich allem was die Hähne hergaben. Die Samples wurden geteilt, Sprachfetzen kamen aus allen Ecken, es wurde gelacht, probiert, gefachsimpelt. Nur an eines erinnere ich mich nicht mehr, welche Biere es genau waren…! Superfrisch, direkt aus den eigenen Ausschanktanks, perfekt gekühlt und ab ins Glas, dazu immer wieder spannende Gastbiere und natürlich eine große Auswahl an Flaschenbieren.
Wie, keine Lust auf Bier? Na gut, dann gibt’s eine respektable Auswahl an Cider und Wein.
Und die Brauerei, die Mitarbeiter, das Publikum erfüllen das Craftbierklischee im positivsten Sinne! Aber wie das bei Gruppenreisen so ist, irgendwann geht’s halt wieder zurück.
Die Reise geht bald weiter in Teil 2/2…
Autor
Matthias Kopp
Bier-Kosmopolit & Biersommelier