Am 1. Februar wird der International Gruitday gefeiert. Geehrt wird das Grutbier, ein Kräuterbier nach mittelalterlichem Vorbild.
Gründung des International Gruitday in Kanada
Gegründet wurde der Gedenktag 2013 von Steve Beauchesne von der Beaus All Natural Brewing Company, Vankleek Hill, Ontario, Kanada. Er implementierte die Internetseite www.gruitday.com, auf der sich Grutbierbrauer weltweit präsentieren und Grutbierfans informieren konnten. Da die Brauerei in Kanada kein Grutbier mehr produziert, stellte Steve Beauchesne auch die Internetseite ein.
Neustart durch Markus Fohr
„Doch der Internationale Grutbiertag ist zu jung zum Sterben“, dachte sich Dr. Markus Fohr, Inhaber der Lahnsteiner Brauerei, und ging am 27. Januar 2021 mit der Website www.gruitday.beer an die Öffentlichkeit. Damals hatten bereits neun Brauereien den Tag unterstützt. Aktuell sind es 32 Brauereien aus 14 Ländern. Markus wurde 2018 Deutscher Meister der Biersommeliers und braut seit 2014 Grutbier. Sein erstes Rezept gewann Gold beim International Craftbeer Award 2015 mit einer Grut aus Minze, Salbei, Wacholder und ein wenig Hopfen. 2019 entwickelte die Lahnsteiner Brauerei das Rezept weiter, setzt seither Zitronengras, Anis, Rosmarin und Hopfen als Grut ein – und gewann erneut Gold 2020.
Verkostungen am Gruitday in Lahnstein und online
Am 1. Februar 2024, dem 12. International Gruitday, wird dazu eine Verkostung in Lahnstein angeboten. Eine Woche später, am 8. Februar 2024, geht das Grutbier-Tasting mit einem entsprechenden Bierpaket online, das über den Shop der www.lahnsteiner-brauerei.de bestellt werden kann. Dort findet man auch alle Informationen zur stationären Verkostung. Markus beschreibt das Grutbier durch ein Zitat von Steve Beauchesne, dem Gründer des International Gruitday: „Grutbiere sind ein Teil unserer Vergangenheit. Ein Teil des Vergnügens ist für mich ferner, dass sie uns mit unserer Vergangenheit verbindet. Es ist wie mit Deinem Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Urgroßvater zu trinken.“
Gruitday-Maskottchen Grutie
Auf der Seite www.gruitday.beer begrüßt Grutie die Besucher. Das Maskottchen ist inspiriert von Zauberern wie Gandalf aus dem Herrn der Ringe oder Miraculix aus Asterix. Butch Heilshorn, Autor und Gründer der Earth Eagle Brewings, kreierte diese Figur, als er auf der Suche nach einem Titelbild für sein legendäres Buch Against All Hops war. Seine Verleger jedoch hielten dies für zu extravagant. Aber Markus gefiel das Maskottchen und nannte es Grutie. Seine Tochter Maja übernahm die künstlerische Ausgestaltung und stellte Grutie mit Hopdragon noch einen Assistenten zur Seite.
Historische Bedeutung von Grutbier
Als Grut werden Kräutermischungen bezeichnet, die vor der allgemeinen Verwendung von Hopfen im 16. Jahrhundert in Europa zur Aromatisierung und Konservierung von Bier verwendet wurden. Grut bestand häufig aus Gagel, Porst, Schafgarbe und wildem Rosmarin, konnte aber auch Heidekraut, Wacholder, Ingwer, Kümmel und Zimt enthalten. In Großbritannien wurde zwischen dem Ale aus Grut und Beer, das mit Hopfen eingebraut wurde, unterschieden.
Seit dem 11. Jahrhundert werden gehopfte Biere gebraut. Dennoch hatte der Niedergang von Grut weniger mit dem Aufkommen des Hopfens zu tun, wie oft gemeint wird, sondern auch mit politischen und religiösen Auseinandersetzungen. Die katholische Kirche hatte in vielen Regionen ein Monopol auf den Verkauf und die Besteuerung von Grut. Die Verwendung von Hopfen beim Bierbrauen war oft nichts weniger als ein revolutionärer Akt, mit dem deutsche Fürsten ihre Unabhängigkeit demonstrierten.
Aber auch Reichsstädte, die nur gegenüber dem Kaiser verantwortlich waren und eigene Steuern erheben konnten, verfügten über das Grut-Regal (Grut-Recht). In Köln war es beispielsweise der Rat, der die Grutmischungen überwachte und eine Steuer auf Grut erhob. In Münster dagegen unterstand das Gruthaus, dem Ort, in dem die Mischung hergestellt wurde, dem Fürstbischof.
Niedergang der Kräutermischungen
Das Grutmonopol war in der Regel mit hohen Gebühren verbunden. Die Brauer mussten für die Verwendung von Grut bezahlen. Es wurde im Laufe des 16. Jahrhunderts zunehmend infrage gestellt. Mit dem Aufkommen des Hopfens galt Grut als minderwertiger Ersatz für Hopfen. Infolgedessen wurde das Grutrecht nach und nach aufgehoben.
Autor
Michael Busemann
Biersommelier
Sektionsleitung Rheinland & Pressesprecher im Verband der Diplom Biersommeliers